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Historie Seite Zwei

... und wie es weiterging


1983, 125. jähriges Jubiläum

“Nach einem chinesischen Sprichwort verwandeln sich Berge in Gold, wenn Brüder zusammenarbeiten. Es muss nicht Gold sein, und es geht auch nicht ohne Schwestern.
Aber kein Weg führt an der Erkenntnis vorbei: Sich zu vereinen, heisst teilen lernen.” Richard von Weizsäcker (*1920)


Wie sich das Bürgertum Anfang des 19. Jahrhundert Zutritt zu den Konzertsälen des Adels verschaffte, so gingen die Gläubigen, die es bis dahin gewohnt waren, die auf Latein „gelesene Messe“ als Zuschauer zu verfolgen, daran, zunächst den „Gregorianischen Choral“ zu reformieren und dem „normalen“ Gläubigen zugängig zu machen und im Gottesdienst zu singen. Die „Cäcilianer“ erhoben den strengen, objektivierenden Kompositionsstil Giovanni Pierluigi da Palestrina (1515-1594) zum Ideal der gottesdienstlichen Chormusik. In klarer Abgrenzung gegen die neue, gefühlsüberfrachtete Musik der Komponisten der Romantik entstanden zahlreiche neue A-capella-Messvertonungen, in enger Anlehnung an Palestrina und seiner Zeitgenossen.
Viele in der Versenkung verschwundene Werke alter Meister wurden wieder aufgeführt. Populärstes Beispiel für die „musikalische Schatzsuche“ dieser Zeit ist die Wiederaufführung der vergessenen Bach´schen „Matthäus-Passion“ durch Felix Mendelssohn-Bartholdy 1829.

Logische Konsequenz dieser Chormusikbewegung war eine sehr große Zahl von Chorneugründungen im katholischen und auch im protestantischen Deutschland, in die sich die des St.Remigius-Chores Bergheim im Jahr 1858 unauffällig einreiht.

Was die Herren in Bergheim und allerorten damals zur Verschönerung des Hochamtes beigesteuert haben, ist nicht genau bekannt. Jedenfalls war dies der Anfang einer bis heute andauernden, weltweit einmaligen Chorkultur.

Fast flächendeckend in jeder Gemeinde gibt oder gab es mehrstimmigen Chorgesang. Das erstarkte Bürgertum hatte seine Verantwortung für die Feier seines Glaubens in die Hand genommen und schrieb damit Musikgeschichte.
Die Sänger dieser Zeit hatten das Anliegen, den Gottesdienst durch ihren Gesang zu verschönen. Das heißt, die Musik erklang, während der Priester am Altar die Liturgie vollzog. Wurde zum Gloria vom Chor gesungen, musste der Priester den Text des Gloria leise sprechen, um die Gültigkeit der Messfeier zu gewährleisten. Die Musik war Beiwerk zur liturgischen Handlung. Sie konnte da sein oder nicht, die Feier der heiligen Messe bestand alleine aus den gesprochenen Worten des Priesters. Noch heute gibt es viele Gottesdienstbesucher, aber vereinzelt auch Priester, Sänger und Chorleiter, die dieses Gedankengut des 19. Jahrhunderts pflegen.

Das II. Vatikanische Konzil aber hat die liturgischen Rollen völlig neu festgelegt. Es hat dem einzelnen Gläubigen, somit der Gemeinde und damit dem Chor als singendem Teil dieser Gemeinde eine neue, aktive Rolle in der Eucharistiefeier zugewiesen. Die Musik und damit der Gesang ist integraler Bestandteil der Liturgie. Also, singt die Gemeinde oder der Chor das Gloria ist das Liturgie und nicht ein Gesang zum Gloria. Singt der Chor das Sanctus, ist das Liturgie und er tut es als Teil der Gemeinde stellvertretend für die Gemeinde (welche Gemeinde kann schon mehrstimmig singen?). Daraus folgend ist jeder Gläubige in der Gemeinde während des Chorgesangs nicht Zuhörer und Genießer, sondern aktiver Mitvollzieher der Liturgie. Eine anspruchsvolle Aufgabe, die es auch 40 Jahre nach dem II. Vatikanischen Konzil noch zu erfüllen gilt.

Neben diesen inhaltlichen Veränderungen und den weiter oben beschriebenen existenziellen Problemen mancher Chöre auf Grund des schlechten Images, stürzen auf die „Kirchenchöre“ in jüngster Zeit auch noch strukturelle Veränderungen ein. Durch die Einführung der Seelsorgebereiche als neuer Verwaltungseinheit im Erzbistum Köln wurde mancher Ortsgemeinde ihre Bedeutung genommen. Gewohnte Gottesdienstzeiten verändern sich oder entfallen ganz, die Aufgaben des Chorleiter/der Chorleiterin müssen ggf. umstrukturiert werden, ein neuer Pfarrer setzt andere Schwerpunkte oder Ansprüche, es gibt zentrale Gottesdienste in anderen Kirchen und/oder gemeinsam mit anderen Chören.

Spätestens in diesem Stadium muss der „Kirchenchor“ sich bewegen, wenn er es vorher noch nicht getan hat. Dabei wird er feststellen, dass das gemeinsame Singen mit anderen Chören die einfachste und selbstverständlichste Art und Weise ist, sich dem Nachbarchor oder der Nachbargemeinde anzunähern und das erste gemeinsame Stück des neuen Weges gemeinsam zu gehen.



1998, 140-jähriges Jubiläum